
Cosmo Pharmaceuticals hat kürzlich mit einer neuen Mitteilung für Wirbel gesorgt – aufgegriffen wurde das Thema unter anderem auch auf Wallstreet-online.de.
Eine neu entwickelte topische Lösung mit dem Projektname „Breezula“ und dem Wirkstoff Clascoterone habe in zwei gross angelegten Phase-III-Studien bei Männern mit androgenetischer Alopezie (AGA) signifikante und klinisch relevante Verbesserungen des Haarwuchses gezeigt, wie das Unternehmen in einer aktuellen Pressemitteilung berichtet.
Was sagen die Studien?
Die beiden Phase-III-Studien SCALP-1 und SCALP-2 umfassten insgesamt 1.465 Männer aus den USA und Europa. Laut Cosmo handelt es sich um das bislang grösste klinische Programm für eine topische Therapie bei androgenetischem Haarausfall. Ein Fachbericht im Magazin GEN (Genetic Engineering & Biotechnology News) greift diese Daten ausführlich auf.
Besonders hervorgehoben wird der sogenannte Target-Area Hair Count (TAHC) im Vergleich zu Placebo:
- In einer Studie zeigte sich ein relativer Anstieg der Haaranzahl im Zielareal von 539 %.
- In der zweiten Studie lag der relative Zuwachs bei 168 %.
Auch die patientenseitigen Einschätzungen (Patient-Reported Outcomes) fielen überwiegend positiv aus oder zeigten zumindest klare Trends zugunsten von Clascoterone. Parallel dazu wird in den ersten Auswertungen ein unauffälliges Sicherheitsprofil beschrieben, mit Nebenwirkungsraten in der Grössenordnung des Placebos. Eine medizinische Einordnung findet sich unter anderem bei Dermatology Times .
Cosmo selbst spricht von einem „ersten echten Fortschritt“ im Bereich der medikamentösen AGA-Therapie seit über drei Jahrzehnten.
Warum ist der Ansatz besonders — und womit ist dennoch zu rechnen?
Der entscheidende Unterschied zu bekannten Therapien liegt im Wirkmechanismus: Clascoterone blockiert die Wirkung von Dihydrotestosteron (DHT) direkt am Rezeptor der Haarfollikel. Genau dort setzt der Prozess ein, der bei erblich bedingtem Haarausfall zur schrittweisen Verkleinerung der Follikel und schliesslich zum Ausfall der Haare führt.
Interessant ist ebenso, dass der Wirkstoff seinen Ursprung aus einem ganz anderen Bereich hat: Clascoterone ist als 1-%-Creme bereits zur Therapie von Akne zugelassen. Die nun untersuchte höher dosierte 5-%-Lösung für die Kopfhaut mit dem Projektnamen Breezula stellt damit eine Weiterentwicklung eines bereits bekannten dermatologischen Wirkstoffs dar.
Im Gegensatz zu oralen Antiandrogenen soll die Wirkung hauptsächlich lokal auf der Kopfhaut bleiben, sodass systemische hormonelle Effekte möglichst gering ausfallen. Das macht den Ansatz besonders für Männer interessant, die Medikamente wie Finasterid aus Sorge vor Nebenwirkungen bisher gemieden haben.
Gleichzeitig gilt: Die aktuellen Zahlen basieren auf einer Behandlungsdauer von rund sechs Monaten. Ein 12-Monats-Follow-up ist noch im Gange; erst nach Abschluss der vollständigen Sicherheitsdaten will Cosmo regulatorische Anträge in den USA und Europa einreichen. Ausserdem ist offen, wie gross der Nutzen bei stark fortgeschrittener AGA mit deutlich ausgedünnter oder bereits kahler Kopfhaut tatsächlich sein wird – verlorene Follikel lassen sich auch mit diesem Wirkstoff nicht „neu erschaffen“.
Verloren gegangene Haarwurzeln können auch mit Breezula nicht neu gebildet werden
Wie ausgeprägt der Effekt von Clascoterone (Breezula) in unterschiedlichen Stadien der AGA ist – etwa bei fortgeschrittener Glatzenbildung, stark reduzierter Follikeldichte oder sehr lange bestehenden Veränderungen – bleibt abzuwarten. Wie bei allen topischen bzw. medikamentösen Lösungen gilt: Verlorene Haarfollikel können nicht neu entstehen; vorhandene, aber geschwächte Follikel können lediglich stabilisiert oder teilweise reaktiviert werden.
Einige Experten betonen deshalb die Grenzen des Ansatzes: Bei stark fortgeschrittener androgenetischer Alopezie dürfte der Nutzen von Clascoterone eher begrenzt sein. Eine ausführliche Einschätzung hierzu findet sich im European Biotechnology Magazine .
Zudem ersetzt eine Creme – selbst bei nachgewiesener Wirksamkeit – eine Haartransplantation nicht automatisch. Bei stark ausgeprägtem und dauerhaft bestehendem Haarverlust bleiben chirurgische Verfahren wie FUE oder FUT häufig weiterhin die zuverlässigste Option, um kahle Areale wieder aufzubauen.
Bedeutung für die Haartransplantation und Alopezie-Therapie
Für Fachleute, die sich seit vielen Jahren mit Haartransplantationen und Haarausfall beschäftigen, ergeben sich aus den neuen Daten mehrere Punkte:
- Ergänzung, kein Ersatz: Clascoterone hat das Potenzial, eine wichtige zusätzliche Option in der medikamentösen AGA-Therapie zu werden, ersetzt aber eine Haartransplantation bei ausgeprägtem Verlust nicht.
- Niedrigere Hemmschwelle: Eine rein topische Behandlung ist für viele Betroffene leichter akzeptierbar als eine systemische Hormonbeeinflussung.
- Kombinationspotenzial: Denkbar sind Strategien, bei denen medikamentöse Stabilisierung (z. B. Clascoterone) und chirurgische Korrektur (Haartransplantation) bewusst miteinander kombiniert werden.
- Realistische Erwartungen: Die Ergebnisse sind stark, aber Langzeitwirkung, Alltagstauglichkeit und Effekt in verschiedenen Stadien der AGA müssen sich noch zeigen.
Fazit zu Breezula (Clascoterone) von Cosmo Pharmaceuticals
Die Phase-III-Daten von Cosmo Pharmaceuticals zu Breezula (Clascoterone) gehören zu den eindrucksvollsten Studienergebnissen, die es seit vielen Jahren im Bereich der medikamentösen Behandlung der androgenetischen Alopezie gegeben hat. Für viele Männer mit beginnendem oder mittelgradigem Haarausfall könnte hier tatsächlich eine neue Option entstehen.
Trotzdem bleibt festzuhalten: Der regulatorische Prozess steht noch aus, die Langzeitdaten sind nicht vollständig, und eine Creme/Tinktur wird eine ausgeprägte Glatzenbildung nicht „wegzaubern“. Clascoterone dürfte das therapeutische Spektrum erweitern, insbesondere als Ergänzung oder als frühe Therapieform, die Haartransplantation bei fortgeschrittener AGA aber nicht ersetzen.
Einen ausführlichen Hintergrund zur Einordnung von Clascoterone und dem zugrundeliegenden Wirkmechanismus bietet unter anderem:
NDTV – Hintergrundbericht zur AGA-Therapie