Ich bin seit 2004 als Berater rund ums Thema Haartransplantationen tätig. In meiner Funktion helfe ich Betroffenen auch bei der Suche nach renommierten, erfahrenen Haartransplantation Kliniken (Ärzte) mit ausreichend belegten Resultaten.
Leider beobachte ich in dem anhaltenden Boom der Haarchirurgie und mit der wachsenden Zahl an Anbietern einen besorgniserregenden Trend: Haartransplantationen werden unterschätzt.
Und zwar von Patienten und Ärzten/Kliniken gleichermaßen!
Auch fachferne Ärzte wagen sich an einen haarchirurgischen Eingriff
So wagen sich auch fachferne Ärzte an einen haarchirurgischen Eingriff und Betroffene unterliegen oft dem Eindruck, eine Haartransplantation sei keine „richtige“ Operation.
Diese Kombination ist ein Rezept für desaströse Resultate, wie ein Besuch auf der Webseite von Christoph Bomke, Rechtsanwalt für Medizinrecht, zeigt.
Dass die Möglichkeiten der Haarchirurgie immer mehr Beachtung finden, ist eigentlich begrüßenswert. Haarausfall betrifft so viele Menschen und ist trotzdem, grade für Jüngere, oft ein Tabuthema.
Prominente, die sich zu ihren Eingriffen bekennen, fördern nicht nur das Marktwachstum, sondern helfen auch, dem Thema die Scham zu nehmen. Aber die Art und Weise, wie Haarverpflanzungen dargestellt werden, ist problematisch: als kleiner Eingriff, der kaum Risiken birgt und eigentlich von jedem Arzt durchgeführt werden kann.
Kliniken verkaufen eine Haartransplantation als quasi komplikationsfrei, doch gerade durch unerfahrene Hände durchgeführt bestehen hohe Risiken
Dass schönheitschirurgische Eingriffe als quasi komplikationsfrei verkauft werden, ist nicht neu und die Haarchirurgie bildet keine Ausnahme. Da es sich um medizinisch nicht notwendige Operationen handelt, werden die möglichen Risiken und Konsequenzen gerne, wenn auch nicht unterschlagen, so doch unter deren Ernsthaftigkeit verkauft.
Das halte ich definitiv für den falschen Ansatz: ein Patient muss ausreichend informiert sein, um eine aufgeklärte Entscheidung zu treffen.
Es stimmt zwar, dass die gesundheitlichen Risiken einer Haartransplantation überschaubar sind, trotzdem ist auch eine Haar-Operation nicht garantiert komplikationsfrei.
GANZ IM GEGENTEIL kann eine Haarverpflanzung durch unerfahrene Hände durchgeführt sogar zu fatalen Resultaten führen. Von schlechten Anwuchsraten, über dicke Transplantate mit falscher Wuchsrichtung und Klobürsten-Design, bis hin völlig ausgenommenen Donorgebieten, wie auch im Kapitel „Haartransplantation Risiken“ nachzulesen.
Da Betroffene den Schritt gegangen sind, eine Operation in Kauf zu nehmen, um die eigene Ausgangssituation zu verbessern, trifft ein verpfuschtes Ergebnis hier besonders hart und kann nicht zu unterschätzende psychische Folgen haben.
Grade wenn das Resultat in einem Maße fehlgeschlagen ist, dass es keine Möglichkeiten zur Reparatur mehr gibt.
In dem Fall müssen Patienten ein Leben lang mit einer teilweise katastrophalen Haarsituation zurechtkommen.
Um das zu vermeiden, liegt mir deshalb Aufklärungsarbeit besonders am Herzen.
Ich möchte erreichen, dass Betroffene in fachkundige Hände gelangen und ein Leben lang Freude an Ihrer gut gemachten Eigenhaarverpflanzung haben.
Dafür muss eventuell auch Aufwand in Kauf genommen werden: für eine Haartransplantation zu verreisen ist nicht ungewöhnlich, denn die Anzahl an wirklich renommierten Ärzten und Kliniken ist nach wie vor begrenzt.
Natürlich gestaltet sich das in Zeiten von COVID als schwierig. Sich deshalb aber einfach für die nächstmögliche Klinik zu entscheiden, kann nicht der Weg sein.
Ich habe in fünf Punkten zusammengestellt, warum die Suche nach einem renommierten Facharzt in der Haarchirurgie enorm wichtig ist.
1. Eine Haartransplantation ist eine Operation und birgt ernstzunehmende Risiken
Jede Operation geht mit möglichen Komplikationen einher. Da bilden Haarverpflanzungen keine Ausnahme.
Wird das FUE Verfahren angewandt, können bei unsachgemäßer Entnahme Haarkränze dezimiert und ausgeschlachtet sein, welche Folgeeingriffe erschweren, wenn nicht sogar unmöglich machen.
Wird das FUT Verfahren angewandt, bei welchem der Arzt einen behaarten Streifen aus der Kopfhaut entnimmt, entsteht eine Wunde, die anschließend vernäht werden muss.
Solche Eingriffe bergen immer auch das Risiko von Infektionen, Wundheilungsstörungen oder überschießender Narbenbildung.
Im Falle einer FUT kann eine unsachgemäße Hautstreifenentnahme außerdem zu dauerhafter Taubheit oder zu schmerzhaften Spannungsgefühlen führen.
Im Empfangsgebiet drohen weitere Gefahren, wie können durch unerfahrene Hände durchgeführt schlechte Anwuchsraten auftreten, oder es werden unansehnliche dicke Grafts mit falscher Wuchsrichtung und Klobürsten-Design in die Haarlinie verpflanzt.
2. Haarchirurgie wird auf keiner Universität gelehrt, selbst ein Facharzttitel hilft wenig!
Vielen ist nicht bekannt, dass Haarchirurgie auf Universitäten NICHT gelehrt wird. Selbst wenn Ärzte in Deutschland zum plastischen Chirurgen ausgebildet wurden, ist für diese „Haartransplantation“ erst mal vollkommenes Neuland! Ein Facharzttitel in Deutschland alleine ist daher ohne jegliche Bedeutung und sagt über die Qualität erst mal gar nichts aus.
3. Erfolgreiche Haartransplantationen benötigen viel Erfahrung ► Es gibt viele verschiedene Konstellationen – unser Haar ist so verschieden wie wir Menschen
Es darf nicht unterschätzt werden, wie unterschiedlich die Voraussetzungen der Patienten sind. Haarstruktur, Kopfhautbeschaffenheit, erbliche Voraussetzungen – all dass sind Faktoren, die variieren und mit denen sich ein Haarchirurg auskennen muss.
Menschen mit dünnen Haaren, dicken Haaren, glatten Haaren, welligen Haaren, lockigen Haaren. Unterschiedliche Haarfarben, blond, brünett, Braun, rot, schwarz, unterschiedliche Kopfhaar-Hautkontraste, also z.B. dunkle Haare auf helle Kopfhaut, oder helle Haare auf helle Kopfhaut, Fälle mit unter der Haut langen Haarfollikel, kurzen Haarfollikeln, bei manchen Sitzen die Follikel eher weich in der Kopfhaut, bei anderen fest, wir haben unterschiedliche Wachstumswinkel, individuelle Haardichten pro qcm. Bei manchen sind die Gruppen der follikulären Einheiten grösser, bei anderen kleiner und je nach Follicular Unit Dichte pro qcm und Grösse der Follicular unit ist z.B. bei der Entnahme eine andere Punchgrösse zum empfehlen. Es gibt Patienten, die bluten bei der Operation mehr, andere weniger.
Ich hoffe, ich konnte mit meinen Beispielen ein wenig deutlich machen: Es existieren viele individuelle Dinge, mit denen ein Arzt bei einer Haartransplantation konfrontiert werden kann und auf welche er sich einstellen und auskennen muss.
Auch bei der ästhetischen Gestaltung darf kein Fehler passieren: das Ziel ist, dass das Ergebnis natürlich aussieht und zu dem Patienten passt.
Dieses Wissen kommt nur mit Erfahrung und auch einem gewissen künstlerischen Gespür.
4. Lange Lernkurven: Eine Haarverpflanzung ist ein zeitintensives Unterfangen, dessen Ergebnis erst nach Monaten endgültig sichtbar ist
Bei einer Haartransplantation kann erst nach etwa sechs Monaten eingeschätzt werden, wie sich die transplantierten Haare entwickeln und erst nach einem Jahr ist die Rede vom Endresultat.
Das bedeutet zweierlei: der behandelnde Arzt kann erst nach dieser Zeit beurteilen, ob die eigene Arbeit den Ansprüchen entspricht.
Das gleiche gilt für den Patienten. Ob der Haarchirurg die Erwartungen erfüllen konnte, zeigt sich erst nach Monaten.
Für den Arzt bedeutet es insgesamt eine sehr lange Lernkurve – für den Patienten schlimmstenfalls einen langen Leidensweg!
Auch wenn schon absehbar ist, dass die Haarverpflanzung missglückt ist, muss der Geschädigte abwarten, wie sich die transplantierten Haare über Monate verhalten, bevor die Möglichkeiten eines korrektiven Eingriffs abgeschätzt werden können.
5. Die Haarchirurgie ist keine Unterkategorie, sondern ein eigenständiges Fachgebiet
Die Haarchirurgie ist kein eigener Studienzweig und auch kein extra Ausbildungsweg, wie bereits erwähnt, das Fach Haarchirurgie wird auf keiner Universität gelehrt.
Stattdessen muss ein Arzt, der das Ziel verfolgt, als Haarchirurg tätig zu werden, seinen eigenen Weg finden.
Es gibt private Trainingscenter, Kongresse und Ärzteverbände, die sich der Aus- und Weiterbildung von Haarchirurgen und der Schulung von Praxispersonal widmen.
Das zeigt aber schon, dass es für diesen Bereich der Schönheitschirurgie einen hohen Aufwand eigener Initiative bedarf.
Die Haarchirurgie ist definitiv kein Fachgebiet, dass jeder plastische Chirurg einfach so beherrscht.
Dafür ist das benötigte Wissen zu speziell und ein Facharzt muss einige gesonderte Fähigkeiten mitbringen, um in seinem Gebiet zum Experten zu werden.
Die Platzierung der Grafts ist eine Arbeit, die viel Feingefühl und Souveränität erfordert, das Design einer Haarlinie erfordert künstlerisches Geschick, es ist eine künstlichere Ader notwendig.
Haar-Operationen können Stunden dauern und jeder Schritt – das Setzen der Empfangsöffnungen über die Entnahme bis hin zum Verpflanzen der Transplantate – bedarf ein hohes Maß an Konzentration.
Eine Art der Anstrengung, die einem Facharzt liegen muss.
Aber nicht nur langwierige und monotone Arbeitsschritte gehören in den Alltag der Haarchirurgie: gleichzeitig muss ein Arzt ein gutes Verständnis für Gesichtsformen und Ästhetik haben.
Die Kunst ist, ein Resultat zu erzielen, von dem kein Aussenstehender ahnen würde, dass es nicht natürlich gewachsen ist.
Fazit: Lang erfahrene Haarchirurgen fallen nicht vom Himmel und die Kosten und der Anfahrtsweg zu den Ärzten/Kliniken sollten nicht im Vordergrund stehen
Ich habe mehrmals erlebt, dass Ärzte, die sich kurzzeitig der Haarchirurgie widmeten, dann doch einen anderen medizinischen Weg eingeschlagen haben – denn um ein renommierter Haarchirurg zu werden, erfordert es viel Ausdauer, sehr spezielle Fähigkeiten und auch grundsätzlich ein aussergewöhnliche Begeisterung für das Thema Haartransplantation und Verständnis für die Menschen, die unter Haarausfall psychisch leiden.
So dauert es Jahre, bis sich ein Facharzt zur Koryphäe entwickelt.
Ein Weg, der durch konstant gute Resultate und zufriedene Patienten dokumentiert ist.
Ich verstehe den Leidensdruck bei Betroffenen und dass eine spontane, schnelle Klinikwahl deshalb verlockend sein kann.
Aber die Risiken, die mit einer Fehlentscheidung einhergehen, sind einfach zu hoch.
Wer eine Haarverpflanzung ins Auge fasst, sollte auch nie mit einem Budget planen, dass keine Reise- oder Anfahrtskosten erlaubt.
Priorität muss sein, wer Ihre Haartransplantation durchführt. Und nicht, wie billig diese zu haben ist oder wie nah eine Klinik zu Ihrem Wohnort liegt.
Von Kliniken, die ohne fachspezifischen Background auf einmal Haartransplantationen anbieten, sollte generell Abstand genommen werden.
Der Preis, den Betroffene im schlimmsten Fall zahlen, ist finanziell nicht aufzuwiegen.